Die Heiligen, die auf der Erde sind, sind die Edlen, an denen ich meine ganze Freude habe.“ (Psalm 16,3)

Was bedeutet es konkret, sich an den Heiligen zu „freuen“? Eine kürzliche Erfahrung in unserer Familie hat mir geholfen, diesen Vers in einem neuen Licht zu sehen und zu erkennen, wie wertvoll diese Haltung für den Herrn ist.

Eine wahre Geschichte: Unsere einjährige Tochter lernte gerade laufen. Sie hielt sich oft an Möbeln fest, um sich zu stabilisieren, aber sie hatte sich noch nie getraut, einen Flur ohne Hilfe zu überqueren.

Dann, eines Tages, ließ sie los und machte sich kichernd, aber wackelig auf den Weg durch das Wohnzimmer, dorthin, wo ich stand. Ich war begeistert! Ich fing an, sie anzufeuern und war gespannt, ob sie es auf Anhieb schaffen würde.

Doch dann geschah etwas völlig Unerwartetes, das meine Freude noch steigerte. Nein, die Kleine sprintete nicht los, sondern ihre große Schwester kam an meine Seite und feuerte sie gemeinsam mit mir an. Ich war überwältigt, wie sehr sich meine Freude steigerte, als ich sah, dass eines meiner älteren Mädchen meine Freude über das Kleinkind teilte.

Ich muss gestehen, dass mich die Freude des älteren Mädchens noch mehr gefreut hat als der Laufversuch des kleinen Mädchens!

Diese Geschichte hat sich im Laufe der Jahre in verschiedenen Formen wiederholt, und ich bin immer wieder beeindruckt von der Lektion: Wenn meine Kinder sich aneinander freuen – an ihrem Wachstum, an ihren einzigartigen Gaben etc. – dann bringt das eine besondere Freude in mein Vaterherz. Und es hat mich etwas darüber gelehrt, wie ich das Herz meines himmlischen Vaters erfreuen kann, wenn ich mich an der wahren Liebe zu meinen Brüdern und Schwestern in Christus erfreue.

In unserem „richtig“ gebildeten und kultivierten Verstand denken wir leicht, dass so etwas wie die Freude an anderen Mitgliedern in der Familie Gottes nicht in den Bereich der Liebe zu Christus fällt. Und doch sehen wir einige der liebevollsten Ausdrucksformen für andere in Gottes Familie, die von den reifsten und erfahrensten Christen kommen.

„Und wir sehnten uns so sehr nach euch, dass wir willig waren, euch nicht nur das Evangelium Gottes mitzuteilen, sondern auch unser Leben, weil ihr uns lieb geworden seid.“ (1. Thessalonicher 2,8)

„So bitte ich dich wegen meines Kindes Onesimus, den ich gezeugt habe in der Gefangenschaft, …den sende ich dir wieder zurück und damit mein eigenes Herz.“ (Philemon 1,10;12)

„Er war auch wirklich todkrank; aber Gott hat sich über ihn erbarmt, und nicht nur über ihn, sondern auch über mich, damit ich nicht eine Betrübnis um die andere hätte.“ (Philipper 2,27)

„Und das Auge kann nicht zur Hand sagen: Ich brauche dich nicht, oder das Haupt zu den Füßen: Ich brauche euch nicht! …Gott aber hat den Leib so zusammengefügt, dass er dem geringeren Glied umso größere Ehre gab, damit es keinen Zwiespalt im Leib gebe, sondern die Glieder gleichermaßen füreinander sorgen.“ (1. Korinther 12,21; 24-25)

„Denn Gott ist mein Zeuge, wie mich nach euch allen verlangt in der herzlichen Liebe Jesu Christi.“ (Philipper 1,8)

„Denn nun leben wir (wirklich), wenn ihr fest steht im Herrn!“ (1. Thessalonicher 3,8)

Es ist eine große Herausforderung für mich, Paulus‘ Beispiel der Liebe für die Gemeinde zu betrachten. Es ist einfach, zu sagen: „Ich liebe die Gemeinde.“ Aber es ist eine ganz andere Sache, meine Zuneigung zu bestimmten Gliedern des Leibes ehrlich mit dem hier gegebenen Beispiel zu vergleichen. Freue ich mich über das Wachstum der anderen und über ihre Gaben? Stehe ich an der Seite des Herrn (der für immer lebt, um auch für sie einzutretenHebräer 7,25) und setze mich für meine Brüder und Schwestern in Christus ein, wie meine ältere Tochter für das Kleinkind?

Das Gegenteil von Freude

Es ist so wichtig, dass wir uns von allen Formen des Hasses befreien. Aber wir können uns törichterweise selbst beglückwünschen und uns der Tatsache rühmen, dass wir gegenüber anderen keine Bosheit hegen, nicht tratschen, nicht anklagen usw. Und wir können uns vorstellen, dass dies das Gegenteil von Freude ist. Ich habe aber auch festgestellt, dass es ein viel gefährlicheres Gegenteil von Freude gibt, vor dem wir uns hüten müssen: Es ist die Gleichgültigkeit.

Warum fasten wir, und du siehst es nicht, warum kasteien wir unsere Seelen, und du beachtest es nicht? (Der Herr antwortet) Seht, an eurem Fastentag geht ihr euren Geschäften nach und treibt alle eure Arbeiter an! Ist nicht das ein Fasten, an dem ich Gefallen habe: dass ihr ungerechte Fesseln losmacht, dass ihr die Knoten des Joches löst, dass ihr die Unterdrückten freilasst und jegliches Joch zerbrecht? Besteht es nicht darin, dass du dem Hungrigen dein Brot brichst und arme Verfolgte in dein Haus führst, dass, wenn du einen Entblößten siehst, du ihn bekleidest und dich deinem eigenen Fleisch nicht entziehst? Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Heilung wird rasche Fortschritte machen; deine Gerechtigkeit wird vor dir hergehen, und die Herrlichkeit des Herrn wird deine Nachhut sein.“ (Jesaja 58,3; 6-8)

Die Sünde, die Gott dem Volk aufzeigte, das ihn Tag für Tag zu erkennen suchte, (Jesaja 58,1-2) war die Sünde der Unaufmerksamkeit, der Gleichgültigkeit, der Nachlässigkeit. Sie wollten Gott erkennen und freuten sich, Seine Wege zu kennen, und doch wurden sie für schuldig befunden, weil sie annahmen, dass dieses Streben nichts mit ihren Brüdern und Schwestern zu tun hatte! Sie dachten, sie könnten Gott suchen und Seiner Familie gegenüber gleichgültig sein!

Wenn wir mit dem Herrn unterwegs sind, will Er sich natürlich mit den Sünden der Tat (wie Hass, Tratsch, Anschuldigungen usw.) befassen, aber noch mehr als das will Er jede Sünde der Unterlassung ansprechen, vor allem den Mangel an Liebe in unseren Herzen. Er will uns nicht nur für unsere eigenen Bedürfnisse mit Seiner Liebe erfüllen, sondern uns für andere bis zum Überlaufen zu füllen (Johannes 7,38). Es ist kaum zu glauben, aber Gottes Wort sagt, dass Gleichgültigkeit sogar noch SCHLECHTER ist als offener Hass: „Ich kenne deine Werke, dass du weder kalt noch heiß bist. Ach, dass du kalt oder heiß wärst! So aber, weil du lau bist und weder kalt noch heiß, werde ich dich ausspeien aus meinem Mund.“ (Offenbarung 3,15-16) – Gott zieht die Kälte der Lauheit vor!

Ich habe gemerkt, dass es viel einfacher ist, sich auf die „Taten“ (die Fehler, die ich mache) zu konzentrieren, als zu sehen, was ich insgesamt vernachlässige (meine Unterlassungen). Aber Gott möchte uns nicht nur das Schlechte („die Kälte“) nehmen und uns dann gleichgültig (lau) zurücklassen. Er möchte uns mit Gutem (Seiner brennend heißen Liebe) überfluten. Und die kritische Phase, die wir durch Seine Gnade zu durchschreiten versuchen müssen, ist die Wüste der Leere, Lauheit, Unaufmerksamkeit und Gleichgültigkeit.

„Wenn der unreine Geist von dem Menschen ausgefahren ist, so durchzieht er wasserlose Gegenden und sucht Ruhe. Und da er sie nicht findet, spricht er: Ich will zurückkehren in mein Haus, aus dem ich weggegangen bin. Und wenn er kommt, findet er es gesäubert und geschmückt. Dann geht er hin und nimmt sieben andere Geister mit sich, die bösartiger sind als er selbst, und sie ziehen ein und wohnen dort, und es wird der letzte Zustand dieses Menschen schlimmer als der erste. (Lukas 11,24-26)

Wir müssen Unaufmerksamkeit im Leib Christi als genauso gefährlich ansehen, wie es Hass für unsere Seelen ist. Wenn wir das tun, werden wir den Herrn bitten, uns zu offenbaren, wo wir anderen Brüdern und Schwestern gegenüber gleichgültig sind. Möge seine Güte uns dazu bringen, für jeden Mangel an Liebe Buße zu tun, und möge Er unsere Herzen mit Seiner völligen Freude an Seiner Familie überfluten. Es hat mich sehr gesegnet, über meine eigene Erfahrung von verstärkter Freude als Vater nachzudenken. Dabei ist mir wieder bewusst geworden, dass wir, wenn wir Gottes Herz für andere Mitglieder Seiner Familie teilen, die Gelegenheit haben, Seine Freude noch grösser zu machen.

„Das ist mein Gebot, dass ihr einander liebt, gleichwie ich euch geliebt habe.“ (Johannes 15,12)

„Es ist aber nahe gekommen das Ende aller Dinge. So seid nun besonnen und nüchtern zum Gebet. Vor allem aber habt innige Liebe untereinander; denn die Liebe wird eine Menge von Sünden zudecken.“ (1. Petrus 4,7-8)

„Und weil die Gesetzlosigkeit überhandnimmt, wird die Liebe in vielen erkalten. Wer aber ausharrt (in der brennenden Liebe Gottes) bis ans Ende, der wird gerettet werden.“ (Matthäus 24,12-13

Empfohlene Predigten: https://youtube.com/@CFCDeutsch

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