In Hebräer 5,7 wird uns berichtet, wie Jesus „in den Tagen Seines Fleisches“ betete. Er betete „mit lautem Rufen und Tränen zu dem, der Ihn aus dem Tod erretten konnte“. Das bezieht sich nicht nur auf den letzten Tag Seines Lebens, als Er in Gethsemane betete. So betete Er „in den Tagen Seines Fleisches“. Mit „den Tagen“ sind die gesamten 33 ½ Jahre gemeint, die Er auf der Erde verbrachte. Der Tod, von dem errettet zu werden Jesus betete (und von dem Er auch errettet wurde, wie dieser Vers besagt), ist gewiss nicht der physische Tod, sondern der geistliche Tod (der eintritt, wenn man auch nur eine einzige Sünde begeht). Jesus betete darum, niemals, auch nicht ein einziges Mal, zu sündigen. Und es war Ihm so ernst, dass Seine Gebete um Hilfe mit lautem Rufen und Tränen geschahen. Deshalb sündigte Er niemals. Viele denken, dass Jesus der Sünde widerstehen konnte, weil Er der Sohn Gottes war. Nein. Er überwand die Sünde, weil Er mit lautem Rufen und Tränen betete, von der Sünde errettet zu werden. So leidenschaftlich liebte Er die Gerechtigkeit und hasste Er die Sünde, dass Er so inbrünstig betete – und Sein Vater salbte Ihn mit Kraft, und zwar mehr als andere Gläubige, die nicht so leidenschaftlich beten, wie Er es tat (Hebräer 1,9).

Die meisten Gläubigen gehen ziemlich leichtfertig mit Sünde um und denken, dass sie niemals die Sünde überwinden können, weil sie nun mal Menschen sind. Aber das ist nicht der Grund. Der Grund ist, dass sie nicht mit lautem Rufen und Tränen beten, von der Sünde errettet zu werden. Genau deshalb suchte Jesus oft einsame Orte auf, nämlich um mit lautem Rufen und Tränen zu beten (Lukas 5,16). Wenn wir in der Stadt wohnen, ist ein einsamer Ort schwer zu finden. Aber ich habe festgestellt, dass ich an jedem Ort im Herzen mit lautem Rufen zu Gott beten kann, ohne mit den Lippen einen Laut von mir zu geben. Ich kann um Reinheit in Gedanken, Worten und Taten flehen. Und wenn ich in Sünde falle, möchte ich Tränen haben. Jesus fiel nie, und doch hatte Er Tränen. Das macht mich wirklich demütig. Der Eifer um Reinheit verzehrte Jesus und ließ Ihn glühen. Deshalb konnte Er auf Erden den ganzen Willen Gottes vollbringen.

Die Fülle des Heiligen Geistes schafft ein Verlangen nach Reinheit in uns. Dann können wir dem Beispiel Jesu folgen. Jesus fürchtete sich nie vor dem physischen Tod. Aber Er fürchtete den geistlichen Tod, und deshalb wollte Er zu jeder Zeit auch nicht den Hauch von Sünde an sich haben. Wofür betete Er in Gethsemane, als Er sagte, dass Er den Kelch nicht trinken wollte? Der Kelch, den Er fürchtete, war der Bruch der Gemeinschaft mit Seinem Vater in den drei Stunden am Kreuz – als Er unsere Sünde trug. Das ist geistlicher Tod. Und Jesus hasste Sünde, weil sie die Gemeinschaft mit Seinem Vater gebrochen hätte.

Aber in Gethsemane sagte Ihm der Vater, dass Er den Bruch der Gemeinschaft würde ertragen müssen, wenn Er andere von der ewigen Trennung vom Vater in der Hölle erretten wollte. Und in Seiner unermesslichen Liebe zu uns willigte Jesus ein, den hohen Preis zu zahlen. Doch Sein ganzes Leben lang hatte Er sich jeder Störung der Gemeinschaft mit dem Vater, die eine Sünde hervorgerufen hätte, widersetzt. Der leiseste Hauch von Sünde zerbricht sofort die Gemeinschaft mit Gott. Wenn wir diese Gemeinschaft wertschätzen, werden wir auch mit lautem Rufen und Tränen beten, dass in uns nicht der leiseste Hauch von Bitterkeit, geistlichem Stolz, Unreinheit, Neid, Geldliebe oder Hass oder von irgendetwas außerhalb des vollkommenen Willen Gottes sein möge.

Weil wir nicht diese Leidenschaft für ein Leben in Gottes vollkommenem Willen haben, nehmen wir die Sünde so leicht. Für die meisten Christen ist Heiligkeit nicht ihr größtes Verlangen. Ihre Leidenschaft richtet sich gewöhnlich auf irgendeine Art des Dienstes für den Herrn oder für Menschen in Not. Das kann aber ein weltliches Konzept sein. Maria suchte die Gemeinschaft mit dem Herrn, während Martha Ihm dienen wollte. Und Jesus rügte Martha und sagte, dass Maria das einzige erwählt habe, das notwendig sei (Lukas 10,42). Heiligkeit ist das, was unseren Dienst wirkungsvoll macht.

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