Der Brief des Paulus an die Christen in Ephesus konzentriert sich auf die große Wahrheit, dass Gläubige ein Leib in Christus sind. Christus ist das Haupt der Gemeinde, und die Gemeinde ist Sein Leib (Epheser 1,22-23). Jeder Gläubige ist ein Glied dieses Leibes. Die erste Hälfte des Briefes an die Epheser befasst sich mit der Lehre vom Leib Christi. Die zweite Hälfte des Briefes befasst sich mit der praktischen Anwendung dieser Wahrheit. Und folgendermaßen beginnt die zweite Hälfte: „So ermahne ich euch nun (…) dass ihr der Berufung würdig lebt, mit der ihr berufen seid, in aller Demut und Sanftmut, in Geduld. Ertragt einander in Liebe und seid darauf bedacht, zu wahren die Einigkeit im Geiste durch das Band des Friedens (…) denn wir sind alle Teile eines Leibes (Epheser 4,1-4). Anders gesagt, sollte ein Mensch, der diese Wahrheit von der Gemeinde als dem Leib Christi verstanden und „gesehen“ hat, ein Verlangen danach haben, in Demut, Sanftmut, Geduld, Nachsicht, Liebe, Einheit und Frieden mit seinen Geschwistern im Glauben zu wandeln. Wenn ein Christ nicht so wandelt, ist das ein Zeichen dafür, dass er den Leib Christi nicht gesehen hat.
Paulus schrieb an die Gemeinde in Korinth: „Ihr seid der Leib Christi, und jeder von euch ist ein Glied“ (1. Korinther 12,27). Natürlich waren die Christen des 1. Jahrhunderts in Korinth nur ein kleiner Teil der weltweiten Gemeinschaft der Gläubigen der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft, die den Leib Christi bilden; dennoch sollten sie in Korinth vor Ort diesen Leib zum Ausdruck bringen. Das ist die Berufung für jede Gemeinschaft von Gläubigen in jeder Epoche und an jedem Ort. Es ist Gottes Absicht, dass jede christliche Gemeinschaft, sei es eine Gemeinde, eine Organisation oder eine Gruppe von Arbeitern für Gott, ein sichtbarer Ausdruck des Leibes Christi für die Welt ist.
„Wenn der Fuß sagt, ‚ich bin kein Glied des Leibes, weil ich keine Hand bin‘, ist er deswegen nicht weniger ein Glied des Leibes. Und was würdest du denken, wenn du das Ohr sagen hörtest, ‚ich bin kein Glied des Leibes, weil ich bloß ein Ohr und kein Auge bin?‘ Wäre es deswegen weniger ein Glied des Leibes? Nehmen wir an, der ganze Leib wäre ein Auge – wie würdest du dann hören? Oder der ganze Leib wäre bloß ein großes Ohr, wie könntest du dann etwas riechen? Aber so hat uns Gott nicht gemacht. Er hat unseren Leib aus vielen Gliedern gemacht und hat jedes Glied dorthin gesetzt, genauso wie er es gewollt hat. Wie seltsam wäre ein Leib, wenn er nur ein Glied wäre! Nun hat er aber viele Glieder gemacht, aber es ist nur ein Leib“ (1. Korinther 12,15-20; TLB).
Es ist immer schädlich, uns mit anderen Gliedern am Leib Christi zu vergleichen, sei es zu unserem Vorteil oder zu unserem Nachteil. Solche Vergleiche können zu Stolz oder zu Entmutigung und Eifersucht führen. Wenn der Fuß anfängt sich mit der Hand zu vergleichen, könnte er vielleicht sagen: „Na ja, ich habe keine so bedeutende Funktion am Leib wie die Hand. Ich bin meistens mit Socken und Schuhen umkleidet, ich bin am untersten Ende des Körpers, kaum jemand bemerkt überhaupt, dass ich existiere. Aber die Hand bemerkt jeder jeden Tag. Sie ist immer mit irgendetwas beschäftigt; ich dagegen tue die meiste Zeit gar nichts.“ Hat er sich einmal auf diese Weise mit anderen verglichen, ist es nur noch ein kleiner Schritt zu Mutlosigkeit und einem sich entwickelnden Geist der Anklage gegen Gott, weil Er ihn zu einem Fuß und nicht zu einer Hand gemacht hat. Ein solcher Geist bringt viele Christen dazu, dass sie ihr Talent vergraben und nichts zur Stärkung und zum Wohl des Leibes Christi tun. Die Gemeinde Jesu Christi leidet heute Not, weil so viele Gläubige sich wünschen, sie hätten spektakuläre Gaben, und weil sie sie nicht haben, tun sie gar nichts.
Wenn wir doch nur den Leib Christi sehen könnten, dann wäre überhaupt kein Platz für Neid und Eifersucht. Im menschlichen Leib hat der Fuß kein Problem damit, einfach ein Fuß zu sein. Er will nie etwas anderes als ein Fuß sein, und er träumt nie davon, eine Hand zu sein. Er ist ganz zufrieden damit, ein Fuß zu sein. Er weiß, dass Gott keinen Fehler gemacht hat, als er ihn zum Fuß gemacht hat. Er ist froh ein Fuß zu sein, und er freut sich gleichermaßen zu sehen, was die Hand alles vollbringen kann, auch wenn er weiß, dass er nie etwas ähnliches schaffen kann. So wird es mit allen sein, die den Leib Christi „gesehen“ haben. Wenn du neidisch bist und dich nicht von ganzem Herzen freuen kannst, wenn ein anderes Glied des Leibes von Gott mächtig gebraucht wird, hast du diese Wahrheit offensichtlich überhaupt nicht verstanden. Jedes Glied, das in enger Gemeinschaft mit dem Haupt lebt, wird froh und glücklich sein, wenn ein anderes Glied geehrt wird (1. Korinther 12,26).
Auch für Konkurrenzkämpfe zwischen den Gliedern ist kein Platz im Leib Christi. Kooperation, nicht Konkurrenz ist das Gesetz des Leibes Christi. Wenn du siehst, dass jemand einen Dienst kompetent erfüllt, und du nimmst dir vor, den anderen zu zeigen, dass du das genauso gut, wenn nicht besser kannst, dann ist dein Selbst offensichtlich noch der Mittelpunkt deines Lebens. Wenn du in Unterordnung unter das Haupt lebtest, würdest du nie mit jemandem im Leib konkurrieren. Du würdest dich stattdessen auf deine eigene Aufgabe konzentrieren – und sie gut machen. Wenn wir an die vollkommene Weisheit Gottes glauben, werden wir erkennen, dass Gott am besten weiß, wem er welche Gaben gibt. Es gibt dann kein Klagen mehr, keine Mutlosigkeit und kein neidisches Verlangen nach der Gabe, die ein anderer hat.
Es gibt eine gottgegebene Vielfalt im Leib Christi. Gott benutzt unsere unterschiedlichen Temperamente und Gaben, um der Welt ein ausgewogenes Bild von Christus zu präsentieren. Allein kann jeder von uns höchstens ein verzerrtes und unausgewogenes Bild von Christus abgeben. Jeder Dienst einer einzelnen Person kann allein nur unausgewogene Christen hervorbringen. Wie dankbar müssen wir sein, dass es im Leib Christi verschiedene Glieder gibt mit verschiedenen Schwerpunkten und verschiedenen Temperamenten.